Meine „verlegerische“ Tätigkeit begann in München im März 1988, damals 27 Jahren alt, als Mitherausgeber der Literaturzeitschrift SIRENE. Im Vorwort gaben die jungen Herausgeberinnen und Herausgeber der SIRENE im Ton der Zeit eine existentielle Erklärung ab: „Die Universalität, die dem Konzept der SIRENE zugrunde liegt, soll den Provinzialismus, der sich in den „Literaturbetrieb“ eingeschlichen hat, durchbrechen“. Nach langem Aufzählen, was sie unter dem literaturbetrieblichen Provinzialismus verstehen, gaben sie bekannt, was die Universalität dieses neuen Blattes ausmachten sollte: „Universalität dagegen meint räumliche und zeitliche Grenzüberschreitung, weil sie sich nicht erschöpft in den nationalen Schranken und festen Vorstellungen von tradierten Kulturgemeinschaften; zeitlich weil sie oft unreflektierte und zusammenhanglos gebrauchte Begriffe wie Tradition, Moderne und Postmoderne in Beziehung zueinander setzt und relativiert“.
Aus der Mitte der SIRENE entstand 1990 in Berlin der Babel Verlag, den wir zuerst den Händen von Eva Hund und Zafer Toker anvertrauten. Später kam Kees van Uffelen als Mitverleger dazu. Der junge Verlag hatte nun nicht nur die SIRENE im Vertrieb, sondern entwickelte ein eigenständiges und anspruchsvolles Programm, bis ich im Jahre 1996, aufgrund der persönlichen Umstände notgedrungen den Verlag übernahm und nach München verlegte. Ich bedanke mich an dieser Stelle ganz besonders bei Eva, Zafer und Kees dafür, dass sie, auch von mir angestiftet, ihre Zeit, Energie und Mittel selbstlos in den Verlag investiert haben. Das war das entscheidende Fundament für die Fortexistenz des Verlags.
20 Jahre nachdem mir der Verlag in den Schoß fiel, will ich mich, beginnend ab 2016, dem Jahr des Krieges und der Flucht, des Elends und des Rassismus, mit einem „neuen“ Babel Verlag und seinem literarisch-historischen und philosophischen Programm für „räumliche und zeitliche Grenzüberschreitung“ wieder in den öffentlichen Diskurs einmischen. In diesem Zusammenhang gilt mein Dank außerordentlich meinem Freund und geistigen Weggefährten Zafer Senocak, der seit mehreren Jahrzehnten mehr als die Hälfte des an manchen Stellen erwähnten „Wir's“ ausmacht und mich bei allem unterstützt.
Schließlich will ich in eigener Sache zum Ausdruck bringen, dass ich Gewalt, Rassismus und Nationalismus jeglicher Couleur verabscheue. Mir liegt sehr an der Erkundung und der Verständigung insbesondere in und zwischen den drei abrahamitischen Religionen.
Meine publizistische Tätigkeit möge dabei zum Gelingen des Miteinanders der Menschen einen Beitrag leisten.
Bülent Tulay, Verleger
April 2016